Psychiatrische Versorgung wird durch Sanktionen erheblich gefährdet

Hannover 29.09.2023

Die psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken in Niedersachsen befürchten im Falle einer vollständigen Umsetzung der geplanten Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie (PPP-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) erhebliche Einschränkungen der Versorgungskapazitäten. In einer gemeinsamen Erklärung mahnen die Kliniken - mit Blick auf die anstehenden Beratungen im G-BA -dringend notwendige Anpassungen an. Die Unterzeichner der Erklärung fordern insbesondere, vorgesehene Sanktionsmechanismen solange auszusetzen, bis wissenschaftlich begründbare Mindestvorgaben zur Personalausstattung existieren. 

„Diese Richtlinie geht vollkommen an der Versorgungsrealität vorbei. Absurderweise erreicht die PPP-RL genau das Gegenteil dessen, was sie anstrebt. Es ist zu befürchten, dass sich die Versorgungsqualität der Kliniken nicht verbessert, sondern sie ihre Leistungen reduzieren müssen, um Unterschreitungen bei der Erfüllung der Richtlinie und damit Sanktionen zu vermeiden. Im Ergebnis wird das dazu führen, dass deutlich weniger stationär und teilstationär behandlungspflichtige Patientinnen und Patienten versorgt werden können“, sagt Dr. Hans-Heinrich Aldag, Vorsitzender der NKG. „Unser Ziel muss aber weiterhin die Sicherstellung einer flächendeckend qualitativ hochwertigen und leitliniengerechten Behandlung psychisch kranker Menschen sein“, so Dr. Aldag.

„Wir fordern den G-BA und die politisch Verantwortlichen dringend auf, sich der Realität zu stellen und längst überfällige Anpassungen an der PPP-RL vorzunehmen. In ihrer aktuellen Fassung erweist die Richtlinie der psychiatrischen und psychosomatischen Versorgung, ihren Trägern und nicht zuletzt den Patientinnen und Patienten einen Bärendienst. Die Höhe der drohenden Sanktionen ist völlig unverhältnismäßig“, unterstreicht NKG-Verbandsdirektor Helge Engelke.

In ihrer Erklärung halten die Unterzeichner zudem fest, dass grundlegende Voraussetzungen zur Erfüllung der Anforderungen der PPP-RL bislang fehlen. Benötigt werden zunächst rechtssichere Regelungen in der Bundespflegesatzverordnung zur vollständigen Finanzierung des erforderlichen therapeutischen Personals. Zudem plädieren die Kliniken dafür, in den Mindestvorgaben der PPP-RL moderne interdisziplinäre und stationsübergreifende Behandlungskonzepte stärker zu berücksichtigen. Multidisziplinäre Ansätze und entsprechende Anrechnungsmöglichkeiten können aus Sicht der Kliniken zu der notwendigen Flexibilität verhelfen, um auch unter den Bedingungen eines sich verschärfenden Fachkräftemangels handlungsfähig zu bleiben.

Die „Vierte Erklärung aller niedersächsischen psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken zur Personalausstattung Psychiatrie und Psychosomatik-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses“ ist dieser Pressemitteilung als Anlage beigefügt.

Mit drei vorangegangenen Erklärungen haben die niedersächsischen psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken bereits in den Jahren 2020, 2021 und 2022 auf wesentliche Kritikpunkte an der PPP-RL aufmerksam gemacht und konkrete Anpassungsvorschläge unterbreitet.

Weitere Informationen:

- Helge Engelke, Verbandsdirektor der NKG (0511 / 307 63 0)
- Piet Schucht, Pressesprecher der NKG (0511 / 307 63 19 oder Mobil: 0160 / 224 74 57 )
  E-Mail: schucht@nkgev.de
  Thielenplatz 3 - 30159 Hannover - www.nkgev.info

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