NKG-Indikator: Wirtschaftliche Lage dramatisch, Vertrauen in Reform schwindet, Krankenhäuser brauchen jetzt Hilfe
Hannover 08.11.2024
Nur noch jede zehnte Klinik in Niedersachsen erwartet ein positives Jahresergebnis 2024. Das geht aus einer aktuellen Umfrage der Niedersächsischen Krankenhausgesellschaft (NKG) hervor. „Die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser in Niedersachsen ist dramatisch und verschärft sich infolge fehlender Stabilisierungsmaßnahmen der Politik zusehends. Neun von zehn Kliniken in Niedersachsen sind perspektivisch in ihrer Existenz bedroht. Das sind denkbar ungünstige Voraussetzungen für eine geordnete Reform“, kommentiert Rainer Rempe, Vorstandsvorsitzender der NKG, das Umfrageergebnis. „Wir fordern die Bundes- und Landespolitik auf, unverzüglich Maßnahmen zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser umzusetzen. Alle Krankenhäuser brauchen dringend eine solide Finanzbasis, um überhaupt mit der Reform starten zu können. Dazu zählt insbesondere ein Inflationsausgleich für die Jahre 2022 bis 2024 sowie eine Überbrückungsfinanzierung bis 2027. Andernfalls droht die aus Sicht der Krankenhäuser notwendige Reform bereits vor ihrem Start zu scheitern und die Versorgung wird massiv gefährdet“, so Rempe.
Die Ergebnisse des NKG-Indikators zeigen, dass 88 Prozent der befragten Krankenhäuser ihre Sach- und Personalkosten nicht aus den regelhaften Erlösen der Patientenbehandlung finanzieren können. Ein Großteil der Kliniken ist bereits kurzfristig auf Unterstützung angewiesen. 71 Prozent der Krankenhäuser geben an, dass sie in den vergangenen Jahren nicht in der Lage waren, ausreichende Rücklagen zu bilden, um aktuelle Kostensteigerungen finanzieren zu können. Die finanzielle Schieflage bleibt nicht ohne Folgen für die Patientenversorgung. Aufgrund der anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Situation plant jedes vierte Krankenhaus Leistungen zu reduzieren bzw. sein Versorgungsangebot einzuschränken.
Für 2025 erwartet mehr als jedes zweite Krankenhaus (57 Prozent) eine noch schlechtere wirtschaftliche Entwicklung. Eine bessere wirtschaftliche Entwicklung im kommenden Jahr erwarten lediglich 6 Prozent der Kliniken. Unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen sieht mehr als jedes zweite Krankenhaus in Niedersachsen (56 Prozent) seine wirtschaftliche Existenz bis zum Wirksamwerden der bundesweiten Krankenhausreform – voraussichtlich im Jahr 2027 – als gefährdet an. „Die von vielen Seiten geforderte Überbrückungsfinanzierung ist eine zwingende Voraussetzung für ein zukunftsfähiges Krankenhauswesen“, betont NKG-Verbandsdirektor Helge Engelke.
Die Kliniken wurden für den NKG-Indikator erneut zu ihren Erwartungen hinsichtlich der geplanten Krankenhausreform befragt. Hier zeigen sich deutliche Diskrepanzen zwischen von der Politik formulierten Zielen der Reform und den Erwartungen seitens der Krankenhäuser. Gegenüber der Vorjahresumfrage zeigt sich in der Tendenz eine kritischere Haltung der Krankenhäuser, was die Umsetzung bzw. das Erreichen der von der Politik proklamierten Reformziele anbelangt.
„Ganz gleich, welches Reformversprechen von Bundesgesundheitsminister Lauterbach man auch betrachtet, das Urteil der Krankenhäuser fällt zunehmend skeptischer aus. Ob eine bessere Behandlungsqualität für die Patienten, leichtere Personalgewinnung, weniger wirtschaftlicher Druck, die Existenzsicherung von Kliniken durch die neue Vorhaltevergütung oder aber der Abbau von Bürokratie – überall Fehlanzeige. Das schwindende Vertrauen der Krankenhäuser ist alarmierend und zeigt, dass wesentliche Herausforderungen durch die Reform absehbar nicht gelöst werden. Das Gesetz muss inhaltlich nachgebessert werden. Letzte Gelegenheit hierfür ist der Vermittlungsausschuss. Wir erwarten, dass Niedersachsen am 22. November im Bundesrat für dessen Anrufung stimmt und sich für Verbesserungen einsetzt“, unterstreicht Engelke.
NKG-Indikator
Die Umfrage für den NKG-Indikator hat im September und Oktober 2024 stattgefunden. An der Befragung haben 113 der zum Zeitpunkt der Umfrage 163 zugelassenen Krankenhäuser in Niedersachsen teilgenommen. Auf die teilnehmenden Krankenhäuser entfallen 31.825 der insgesamt 40.105 Planbetten in Niedersachsen. Das entspricht einem Anteil von 79 Prozent der Krankenhausbetten in Niedersachsen. Der NKG-Indikator umfasst neben Aussagen zur wirtschaftlichen Situation der Krankenhäuser weitere Ergebnisse zu den Themenfeldern Krankenhausreform, Personal, Ausbildung, Dokumentationsaufwand und zukünftigen Herausforderungen für die Kliniken.
Der NKG-Indikator ist online abrufbar unter:
www.nkgev.info/Pressemitteilungen.html